Haiti: Ein Hafen im Sturm

Seit 13 Jahren unterstützt das humanitäre Hilfswerk GAiN das Kinderheim in Haiti. Das Land scheint gerade im Chaos zu versinken. Die andauernde Gewalt der Banden zermürbt die Menschen und ein normales Leben ist kaum noch möglich. Trotzdem hat sich in den letzten ein, zwei Jahren eine Gegenbewegung entwickelt. Menschen demonstrieren gegen die kriminellen Clans und riskieren dabei ihr Leben. Sie wollen in einem sicheren, funktionierenden Land leben, ihre Hoffnung haben sie noch nicht aufgegeben. Und diesen Funken Hoffnung gilt es zu bewahren, zu pflegen und schüren.

Raphael F., Geschäftsführer von GAiN und CAMPUS, berichtet, wie das aussehen kann: 

Solange es Menschen gibt, die noch Hoffnung haben, wollen wir sie fördern und unterstützen. Genau solche Menschen arbeiten in unserem Kinderheim. und haben es über die Jahre  zu einem Zufluchtsort und sicheren Hafen entwickelt. Wir haben das Wohnheim und die Schule nach dem schlimmen Erdbeben 2010 mit der Hilfe vieler Spenden wieder stabil aufgebaut. Das Kinderdorf hat bisher jeden Tropensturm unbeschadet überstanden, das Kinderheim ist der Ort der Sicherheit und des Friedens, den die Kinder gerade jetzt brauchen. Sie stammen aus Orten der Armut, Vernachlässigung, körperlicher und manchmal sogar sexueller Gewalt. Manche erleben in unserem Kinderheim zum ersten Mal so etwas wie Sicherheit und Geborgenheit. Die älteren Kinder können mit unseren Minikrediten ihre Ausbildung finanzieren. Und deshalb machen wir weiter.

Mit großen Schritten nach vorn

Wir können großartige Entwicklungen beobachten. Vor allem von unserem junges Leitungsteam bin ich begeistert. Der Weg dorthin war nicht einfach: Ich habe viel Kraft und Herzblut investiert, und es gab Zeiten, in denen ich aufgeben wollte. Der ursprüngliche Leiter wurde von einem abgelöst, der zwar viel Herz für das Heim und die Kinder hatte, aber wenig Gaben in der Geschäftsführung. Der nächste Leiter legte ein völlig inakzeptables Verhalten an den Tag und musste entlassen werden. Doch dann hat sich die haitianische Leitung des Kinderheims, ein Kirchenverband, darauf eingelassen, einen kulturell ganz neuen Weg zu gehen.

Jetzt leitet ein Team das Heim und nicht ein Einzelner. Dieses Leitungsteam ist aus jungen und älteren Leuten besetzt und besteht zur Hälfte aus Frauen. Zusammen haben sie gute Ideen, was sie gerne verändern wollen. Die Betreuung der Kinder hat sich deutlich verbessert und es werden Seminare für die Lehrer und Lehrerinnen und für die Mitarbeitenden angeboten. Erst letztens fand eine Sicherheitsschulung statt, die auf richtiges Verhalten bei Entführungen und anderen Krisensituationen vorbereitet. Auch die Kinder wurden mit einbezogen.

Manche der Mitarbeitenden kenne ich noch als Kinder im Heim. Zu sehen, wie sie sich entwickelt haben und welche Hoffnungen sie tragen, begeistert mich. Sie will ich gerne weiter begleiten. Es ist eine Freude und ein Privileg, mit ihnen zu arbeiten.

Raphael F. – Geschäftsführung GAiN

Armut, Krankheit und unwürdiges Wohnen prägen Gagiks und Julietas Familie nicht mehr. Sie erhielten Starthilfe. Mit tausend Gurken fing alles an.

„Mir sind mittlerweile schon einige Familien mit schrecklichen Lebensumstände in Armenien begegnet, aber bei dieser Familie taten sich so viele Baustellen auf, dass ich mich fragte, ob man da überhaupt etwas tun kann.“ Das stellte GAiN-Mitarbeiterin Susanne Röck bei ihrem ersten Besuch fest. Die Eltern lebten mit sechs Kindern in einer Bruchbude. Weder das Haus, noch die Möbel, noch der Grund gehörte ihnen. Als saisonale Lohnarbeiter in der Landwirtschaft verdienten der Vater und die zwei ältesten Söhne nicht genug für den Lebensunterhalt. Weil der Vater unter schwerem Asthma und Herzproblemen litt, musste die Familie für die Untersuchungen und Operation über 5.000 Euro Schulden aufnehmen. Was tun bei so viel Krankheit, Schulden und Armut? 

Drei Besuche mit Folgen

Eine deutsche GAiN-Reisegruppe besuchte die Familie. Die Teilnehmenden sammelten Geld, um die Schulden für die medizinische Behandlung zu begleichen, und sie übernahmen eine Patenschaft für die Familie. Als der Vermieter dann auch noch die Wohnung kündigte, wurde sogar der Bürgermeister tätig. Er stellte ein Grundstück zur Verfügung, auf dem sich ein kleiner, alter Wohncontainer befand. Nairi, GAiN-Mitarbeiter, erkannte sofort, dass dieses Grundstück ideal für ein Gewächshaus wäre. Gesagt, getan, gekauft – im Frühling 2023 stand ein großes Gewächshaus darauf. Kurz darauf kam wieder eine Reisegruppe, die sich um das Bewässerungssystem und die Beleuchtung kümmerte und bei der ersten Aussaat von 1.000 Gurkensamen half. Als eine weitere Helfergruppe einen neuen fertig eingerichteten Wohncontainer an den vorhandenen und viel zu kleinen anbaute, war das Glück perfekt.  

Gagiks Familie kann sich durch das Gewächshaus und dem Erlös der angebauten Früchte jetzt selbst versorgen. Freudestrahlend berichtet er:

„Dieses Jahr können wir voraussichtlich noch dreimal aussäen und ernten – ich bin glücklich.”

Hilfe für Familien

Unsere armenischen Mitarbeitenden vor Ort besuchen bedürftige Familien und nehmen sie bei Bedarf in unser Patenschaftsprogramm auf. Die Familien werden gezielt unterstützt. Immer mit dem Ziel größerer Unabhängigkeit vor Augen, idealerweise bis hin zur völligen Selbständigkeit. Anfänglich bedeutet das häufig, dass eine Familie Lebensmittel, Brennholz, Kleidung, Hygieneartikel, medizinische Hilfe und auch Geld für Ausgaben bekommt, die im Moment zum Überleben wichtig sind. Auf dieser Basis können dann gemeinsam weitere Schritte gegangen werden: Verbesserung der Wohnsituation, Investition in die Bildung der Kinder und die Generierung von eigenem Einkommen. 

Birgit Zeiss – GAiN Deutschland